Die Facto Financial Services AG ist insolvent. Der Dienstleister für die Rückabwicklung von Lebensversicherungen und Rentenversicherungen hat am 27. Juli 2018 Insolvenzantrag gestellt. Die Eigenverwaltung wurde antragsgemäß genehmigt. Nach eigenen Angaben hatte die Facto AG rund 26.000 Verträge im System und konnte 2000 Lebensversicherungen erfolgreich rückabwickeln. Dennoch folgte jetzt der Insolvenzantrag. Kunden fragen sich, was mit ihren Verträgen mit der Facto AG und ihren Forderungen geschieht. Vermittler befürchten, dass Schadensersatzansprüche gegen sie geltend gemacht werden könnten.
Rückabwicklung von Lebensversicherungen
Über Jahrzehnte galt die Lebensversicherung als wichtiger Baustein für die Altersvorsorge. Das hat sich zuletzt geändert. Viele Lebensversicherungen werfen kaum noch Rendite ab. Dementsprechend enttäuscht sind viele Versicherungsnehmer von der Entwicklung ihrer Lebensversicherung und suchen nach einem Ausweg. Die Kündigung der Police ist zumeist uninteressant, da der Versicherungsnehmer dann nur den Rückkaufswert erhält. Finanziell deutlich lukrativer ist der Widerspruch der Lebensversicherung, da der Verbraucher dann seine geleisteten Prämien fast vollständig zurückerhält und sich nur für den gewährten Versicherungsschutz einen gewissen Betrag abziehen lassen muss.
Das Prinzip Facto
Aus dem Widerspruch von Lebensversicherungen entwickelte die Facto Financial Services AG ein Geschäftsmodell und konzentrierte sich dabei auf Lebensversicherungen, die zwischen 1995 und 2007 abgeschlossen wurden. Sie bot ihren Kunden an, sich um die Rückabwicklung der Lebensversicherung zu kümmern. Dazu baute sie auf 100 Mitarbeiter an drei Standorten, ein bundesweites Netzwerk an Vertriebspartnern, ein Team aus Juristen und den Einsatz modernster Software. Auf seiner Homepage meldet das Unternehmen, dass es insgesamt 26.000 Verträge im System und 2000 Rückabwicklungen erfolgreich abgeschlossen hat. Für ihre Dienstleistung berechnete die Facto einen gewissen Obolus, der je nach Vertragsvariante bis zu 50 Prozent der erzielten Mehrwerts betragen konnte.
Modelle A – D
Service-Modell A für Verbraucher mit Rechtsschutzversicherung: Liegen alle notwenigen Unterlagen vollständig vor, organisiert die Facto die komplette Rückabwicklung und übernimmt das Prozesskostenrisiko. Dafür verlangt sie eine Gebühr von bis zu 45 Prozent des erstrittenen Mehrwerts.
Service-Modell B für Verbraucher ohne Rechtsschutzversicherung: Facto organisiert die komplette Rückabwicklung nach Zahlung einer einmaligen Gebühr und übernimmt das Prozesskostenrisiko. Dafür kann eine Gebühr von bis zu 50 Prozent des erstrittenen Mehrwerts fällig werden.
Service-Modell C für selbstzahlende Verbraucher: Der Verbraucher zahlt die Prozesskosten und die Facto organisiert die Rückabwicklung. Dafür kann eine Gebühr von bis zu 35 Prozent des erstrittenen Mehrwerts fällig werden.
Service-Modell D – das „Rundum-sorglos-Paket“: Der Kunde verkauft seine Forderungen aus gekündigten oder abgelaufenen Verträgen und erhält nach rund sechs Wochen eine erste Auszahlung von bis zu 20 Prozent des errechneten Mehrwerts und im Erfolgsfall können weitere Auszahlungen folgen.
Insolvenz in Eigenverwaltung
Insolvenz in Eigenverwaltung bedeutet, dass der Vorstand am Ruder bleibt und die Geschicke des Unternehmens mit Unterstützung eines Sachwalters weiter lenkt. Laut Pressemitteilung der Facto AG vom 31. Juli 2018 werde der Geschäftsbetrieb im vollen Umgang aufrechterhalten und ein Restrukturierungsplan zur Fortführung des Geschäftsbetriebs soll umgesetzt werden. Dazu solle auch die Zusammenarbeit mit dem Partner Star Fund fortgesetzt und eingereichte Verträge weiterbearbeitet werden. Zu Restrukturierungsmaßnahmen gehört in der Regel auch die Einsparung von Kosten. Welche Konsequenzen mögliche Sparmaßnahmen mit sich bringen, bleibt abzuwarten. Gelingt es der Facto nicht das Unternehmen in Eigenverwaltung aus der Insolvenz zu führen, wird ein reguläres Insolvenzverfahren eröffnet. Das ist in der Regel mit erheblichen finanziellen Verlusten für die Gläubiger verbunden, da zumeist nur ein geringer Teil ihrer Forderungen befriedigt werden kann.
Möglichkeiten der Kunden
Aufgrund der unterschiedlichen Modelle mit der Facto lässt sich nicht pauschal sagen, inwieweit der einzelne Kunde von der Insolvenz betroffen ist. Dazu ist eine Prüfung des Einzelfalls erforderlich. Für Kunden, die die Rechte aber nicht die Pflichten aus den Lebensversicherungspolicen an Facto abgetreten haben, könnte es besonders riskant werden, da sie die fälligen Prämien weiter an den Versicherer zahlen müssen. Auch hier ist die individuelle Vertragslage zu prüfen. Zudem sollte geprüft werden, ob die fristlose Kündigung des Vertrags mit der Facto möglich und wenn ja, sinnvoll ist. Außerdem können im Fall der Eröffnung des regulären Insolvenzverfahrens auch Aussonderungsrechte geprüft werden, damit die abgetretene Lebensversicherungspolice nicht in die Insolvenzmasse fällt. Das Vorgehen sollte individuell auf jeden Fall abgestimmt werden.
Haftung der Vermittler
Die Facto hat sich eines großen Vertriebsnetzes bedient. Viele Vermittler fürchten nun, dass sie mit Schadensersatzansprüchen konfrontiert werden. Allerdings dürfte die klassische Vermittlerhaftung hier nicht gegeben sein. Es ist nicht davon auszugehen, dass ein Aufklärungsfehler der Vermittler vorliegt, da sie die Gründe, die zur Insolvenz führten, nicht kennen konnten. Nichtsdestotrotz stehen Vermittler moralisch in der Pflicht, ihren Kunden auch in schlechten Zeiten zur Verfügung zu stehen. Um gemeinsam mit verantwortungsvollen Vermittlern die Chancen ausloten zu könnnen, haben wir unseren "Vermittlerservice" ins Leben gerufen.